Dienstag, 18. Dezember 2012

Ein gestörtes Verhältnis zur Marktwirtschaft

von Klaus Peter Krause

Mehr Deutsche rücken von der Markwirtschaft ab – vermeintlich, denn sie halten für Marktwirtschaft, was keine mehr ist
Von der Freiheit schwärmen nur die, die sie nicht haben. Die Deutschen schwärmen nicht. Ihnen genügt zu haben, was sie für Freiheit halten. Sie vermissen keine Freiheit und rufen nicht nach einem Mehr an Freiheit. Mehr schätzen sie das, von dem sie meinen, nicht genug zu haben. Das sind immer noch: Sicherheit und Gleichheit. Das jedenfalls muss man wohl folgern, wenn man die jüngste Untersuchung zum Freiheitsbewusstsein der Deutschen liest, vorgelegt jüngst in Berlin[1] vom John Stuart Mill Institut. Demnach liegt der Wert der Freiheit, wie ihn die Bürger sehen, sogar im negativen Bereich, wenn auch nur leicht.[2] Das heißt: Die deutsche Bevölkerung hat zum Wert der Freiheit ein offenbar gestörtes Verhältnis.
Anti-kapitalistische Ressentiments nehmen zu
Aber noch gestörter ist ihr Verhältnis zur Marktwirtschaft. Das Vertrauen in die Marktwirtschaft ist gegenüber dem Vorjahresergebnis sogar deutlich zurückgegangen. Das ist das aufregendere Ergebnis der Untersuchung, war doch der Deutschen Freiheitsdrang schon immer nicht sonderlich ausgeprägt. Dagegen hat „die Skepsis gegenüber der Marktwirtschaft eine ganz neue Dimension erreicht“, lautet die Feststellung. Mehr noch: Erstmalig glaubt auch in Westdeutschland eine knappe relative Mehrheit von 43 Prozent der Bevölkerung, Marktwirtschaft führe automatisch zu sozialer Ungerechtigkeit. 2003 glaubten das zwar weniger Befragte, aber immerhin doch 32 Prozent. Nur noch 38 Prozent sind der Meinung, „Marktwirtschaft macht soziale Gerechtigkeit erst möglich“. Immer mehr, so scheint es dem Mill-Institut, gehe die Überzeugung verloren, dass diese Wirtschaftsform die Grundlage für Freiheit und Wohlstand sei. Stattdessen nähmen die antikapitalistischen Ressentiments zu.