Die Deutsche Bundesbank beschreibt das angebliche Märchen einer Geldschöpfung aus dem Nichts in ihrer Publikation "Geld und Geldpolitik". In der aktuellen Fassung der Bundesbank-Broschüre wird zu Beginn auf Seite 67 anschaulich die Schöpfung von Zentralbankgeld, also Bargeld geschildert. Auf Seite 68 wird der Unterschied zum Giralgeld formuliert und anschließend folgende Auskunft zur Giralgeldschöpfung gegeben:
"In der Regel gewährt die Geschäftsbank einem Kunden einen Kredit und schreibt ihm den entsprechenden Betrag auf dessen Girokonto gut. Wird dem Kunden ein Kredit über 1.000 Euro gewährt (z.B. Laufzeit 5 Jahre, 5 %), erhöht sich die Sichteinlage des Kunden auf seinem Girokonto um 1.000 Euro. Es ist Giralgeld entstanden bzw. wurden 1.000 Euro Giralgeld geschöpft. [...] Die Giralgeldschöpfung ist also ein Buchungsvorgang."
Mit der Erkenntnis, dass die Giralgeldschöpfung (und ebenso die Schöpfung von Zentralbankgeld) ein reiner Buchungsvorgang ist, wird hier der entscheidende Punkt angesprochen. Geldguthaben wird heutzutage also grundsätzlich und ausschließlich* gegen eine gleichzeitig entstehende Geldschuld in gleicher Höhe einerseits durch Notenbanken(auch Zentralbanken genannt), andererseits durch Geschäftsbanken innerhalb bzw. durch die Kreditvergabe geschöpft.
An dieser Stelle lässt sich dann auch mit dem Mythos aufräumen, Banken würden das Geld der Sparer an Kreditnehmer weiterverleihen. Es ist nochmals ausdrücklich zu betonen, dass Banken, wenn sie einen Kredit vergeben, das verliehene Geld selbst schöpfen und es vorab noch nicht existiert hat:
Die Bankbilanz wird also in Höhe des gewährten Kredits bzw. des geschöpften Giralgeldes verlängert. Der Buchhalter bezeichnet diesen Vorgang als Bilanzverlängerung (Aktiv-Passiv-Mehrung). Aus diesem Grund nennt man vorherrschendes Geldsystem häufig auch Schuldgeldsystem.
Da Geschäftsbanken lediglich die äußerst laschen Vorgaben der Mindestreserve und Kernkapitalquote beachten müssen, sind ihnen bei dieser Form der Kreditvergabe kaum Grenzen gesetzt.
Die Einhaltung der Mindestreserve-Pflicht bedeutet, dass sämtliche Guthaben der Sparer zu einem gewissen Anteil mit Zentralbankgeld und/oder Zentralbankguthaben (also Guthaben auf dem Konto der Geschäftsbank bei der entsprechenden Notenbank) gedeckt sein müssen. Die Mindestreserve im Euroraum liegt seit dem 18. Januar 2012 bei 1% (siehe Verordnung der Europäischen Zentralbank vom 14.12.11). Bei einer 100%igen Deckung mit Zentralbankgeld würde man entsprechendes Geld auch Vollgeld nennen und die derzeitige (u.U. sehr schädliche) Kreditvergabepraxis wäre nicht möglich. Da dem nicht so ist, besteht für Geschäftsbanken die Möglichkeit zur multiplen Giralgeldschöpfung.
Die Einhaltung einer gewissen Kernkapitalquote meint - speziell im vorliegenden Fall - nichts anderes als eine bestimmte Eigenkapitalunterlegung für Kredite respektive Spareinlagen nach den Kriterien von Basel III (Reformpaket des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich von Dezember 2010). Die EU-Kommission hat in 2011 beschlossen, dass das erarbeitete Reformpaket übernommen werden soll. Ergänzend wurde eine EU-Verordnung erlassen, nach der sich die erforderliche Kernkapitalquote auf derzeit 9% erhöht. Die Geschäftsbank muss also die Summe ihrer vergebenen Kredite und übrigen Spareinlagen mit mindestens 9% Eigenkapital abdecken können.
An dieser Stelle lässt sich dann auch mit dem Mythos aufräumen, Banken würden das Geld der Sparer an Kreditnehmer weiterverleihen. Es ist nochmals ausdrücklich zu betonen, dass Banken, wenn sie einen Kredit vergeben, das verliehene Geld selbst schöpfen und es vorab noch nicht existiert hat:
"Wenn eine Geschäftsbank einen Kredit gewährt, finanziert sie diesen in einem ersten Schritt dadurch, dass sie - wie oben beschrieben - den entsprechenden Betrag an Giralgeld selbst schafft."
Bundesbank-Broschüre: Geld und Geldpolitik, 2010, S. 71
Die Bankbilanz wird also in Höhe des gewährten Kredits bzw. des geschöpften Giralgeldes verlängert. Der Buchhalter bezeichnet diesen Vorgang als Bilanzverlängerung (Aktiv-Passiv-Mehrung). Aus diesem Grund nennt man vorherrschendes Geldsystem häufig auch Schuldgeldsystem.
Da Geschäftsbanken lediglich die äußerst laschen Vorgaben der Mindestreserve und Kernkapitalquote beachten müssen, sind ihnen bei dieser Form der Kreditvergabe kaum Grenzen gesetzt.
Die Einhaltung der Mindestreserve-Pflicht bedeutet, dass sämtliche Guthaben der Sparer zu einem gewissen Anteil mit Zentralbankgeld und/oder Zentralbankguthaben (also Guthaben auf dem Konto der Geschäftsbank bei der entsprechenden Notenbank) gedeckt sein müssen. Die Mindestreserve im Euroraum liegt seit dem 18. Januar 2012 bei 1% (siehe Verordnung der Europäischen Zentralbank vom 14.12.11). Bei einer 100%igen Deckung mit Zentralbankgeld würde man entsprechendes Geld auch Vollgeld nennen und die derzeitige (u.U. sehr schädliche) Kreditvergabepraxis wäre nicht möglich. Da dem nicht so ist, besteht für Geschäftsbanken die Möglichkeit zur multiplen Giralgeldschöpfung.
Die Einhaltung einer gewissen Kernkapitalquote meint - speziell im vorliegenden Fall - nichts anderes als eine bestimmte Eigenkapitalunterlegung für Kredite respektive Spareinlagen nach den Kriterien von Basel III (Reformpaket des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich von Dezember 2010). Die EU-Kommission hat in 2011 beschlossen, dass das erarbeitete Reformpaket übernommen werden soll. Ergänzend wurde eine EU-Verordnung erlassen, nach der sich die erforderliche Kernkapitalquote auf derzeit 9% erhöht. Die Geschäftsbank muss also die Summe ihrer vergebenen Kredite und übrigen Spareinlagen mit mindestens 9% Eigenkapital abdecken können.
Ein Schaubild (zum Vergrößern anklicken) | © FAZ.net |
Multiple Giralgeldschöpfung
Die sogenannte multiple Giralgeldschöpfung wird in der aktuellen Fassung der Bundesbank-Broschüre nicht mehr thematisiert, wurde jedoch in einer früheren Textfassung aus dem Jahr 2007 beschrieben. Unter der Überschrift "Die Banken als Geldproduzenten" erklärte die Bundesbank damals:
"Bei der Giralgeldschöpfung unterscheidet man die „aktive“ und die „passive“ Geldschöpfung der Banken. So entsteht Giralgeld durch Einzahlung von Bargeld auf Girokonten. Bei dieser „passiven“ Form der Giralgeldschöpfung ändern sich die gesamten Geldbestände der Wirtschaft (also Giralgeld in Händen der Nichtbanken plus Bargeld) nicht. Daneben ist das Bankensystem aber auch in der Lage, durch Gewährung von Krediten aktiv Giralgeld entstehen zu lassen und damit die Geldmenge insgesamt zu erhöhen."
Bundesbank-Broschüre: Geld und Geldpolitik, 2007, S. 59
Es folgt dann auf Seite 60f ein ausführliches Beispiel für die aktive Geldschöpfung durch Kreditvergabe mit folgendem Schaubild:
Auf Seite 62 wird fortgesetzt:
"Multiple GiralgeldschöpfungDie „Überschussreserve“ im Bankensystem wird immer kleiner. Der Prozess der Giralgeldschöpfung wird dadurch gebremst. Jede einzelne Bank kann immer nur einen Bruchteil ihres Liquiditätszuflusses ausleihen. Trotzdem sind am Ende die Einlagen im Bankensystem – das Giralgeld – um ein Mehrfaches derjenigen Einlage gestiegen, die durch die ursprüngliche Kreditgewährung entstanden ist. Man spricht deshalb auch von der „multiplen Giralgeldschöpfung“ (multipel = vielfach)."
Bundesbank-Broschüre: Geld und Geldpolitik, 2007, S.62
Treffenderweise stellt die Deutsche Bundesbank abschließend fest:
"Der Geldschöpfungsprozess erscheint damit wie Zauberei: Die Banken schöpfen anscheinend selbst Geld, ohne die Deutsche Bundesbank nötig zu haben. Einer höheren Forderung an die Nichtbanken stehen höhere Einlagen derselben gegenüber: Die Geldmenge ist gewachsen."
Fazit: Geschäftsbanken sind in der Lage durch die Gewährung eines Kredits in selber Höhe Giralgeld zu erzeugen. Dies geschieht buchhalterisch durch eine Bilanzverlängerung (Aktiv-Passiv-Mehrung). Geschäftsbanken müssen dabei zwei Dinge berücksichtigen: Sie müssen eine Mindestreserve einhalten, d.h. das geschöpfte Giralgeld (sowie alle Giralgeldguthaben der übrigen Kunden) muss mit Zentralbankgeld oder -guthaben in Höhe von 1% (im Euroraum, Stand: 18. Januar 2012) unterlegt und durch 9% Eigenkapital gedeckt sein.
Wenn nun allerdings ein Sparer sein Bargeld bei der Geschäftsbank seines Vertrauens einzahlt, dann wird ihm ein Guthaben auf seinem Girokonto gut geschrieben und das Bargeld (=Zentralbankgeld) geht in den Besitz der Geschäftsbank über. Auf Grundlage dieses Bargeldes kann nun die Geschäftsbank weitere Kredite in insgesamt theoretisch hundert-facher Höhe vergeben, denn sie muss die Kredite ja nur mit 1% Zentralbankgeld unterlegen. Dieser Vorgang wird multiple Giralgeldschöpfung (im englischen: fractional reserve banking) genannt.
Der folgende 10-minütige Lehrfilm aus dem Jahr 1988 stellt das Schema der multiplen Giralgeldschöpfung am Beispiel der Kreditvergabe noch einmal dar.
Quelle: Deutsche Bundesbank, Bundesbank-Broschüre "Geld und Geldpolitik", Stand: Herbst 2010
Quelle: Deutsche Bundesbank, Bundesbank-Broschüre "Geld und Geldpolitik", Stand April 2007
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*Geld entsteht auch, wenn eine Geschäftsbank Vermögen, z.B. Immobilien oder Wertpapiere von einer Nichtbank "kauft" und ihr den entsprechenden Betrag auf seinem Konto gutschreibt. Dieser Umstand ist nicht minder interessant, doch der Beitrag zur allgm. Geldschöpfung und Steigerung der Geldmenge dürfte in Anbetracht der weltweiten Geldvermögen (respektive Schulden) in Billionenhöhe vernachlässigbar gering und unbedeutend sein.
Quelle: Deutsche Bundesbank, Bundesbank-Broschüre "Geld und Geldpolitik", Stand: Herbst 2010
Quelle: Deutsche Bundesbank, Bundesbank-Broschüre "Geld und Geldpolitik", Stand April 2007