Sonntag, 10. Juli 2011

Freies Marktgeld: Das Free-Banking Konzept

Thorsten Polleit, Michael von Prollius, Frank Schäffler und Norbert F. Tofall zeigen im dem äußerst informativen Artikel "Überwindung der Krise durch gutes Geld", der am 05.06.2009 als Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen ist, die Ursachen des Beinahe-Kollapses des internationalen Finanzsystems auf und werben für einen Weg zu einem werthaltigen freien Marktgeld.

Dankenswerterweise beschränken sich die Autoren nicht nur auf die Kritik am staatlichen Geldmonopol, sondern zeigen mit dem Konzept des "Free-Banking" auch eine Alternative und deren mögliche Umsetzung auf.

Die Autoren:

Thorsten Polleit, Chefökonom Deutschland bei Barclays Capital und Honorarprofessor an der Frankfurt School of Finance & Management;

Dr. Michael von Prollius, Publizist und Gründer von Forum Ordnungspolitik (einer Internetplattform, die für eine Renaissance ordnungspolitischen Denkens und für eine freie Gesellschaft wirbt);

MdB Frank Schäffler, dt. Politiker (FDP), Dipl.-Betriebswirt und

Norbert F. Tofall, Lehrbeauftragter im Master-Studiengang "Internationales Management" der Viadrina Frankfurt(Oder) und der EHU International in Vilnius. Außerdem ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter von MdB Frank Schäffler und Mitglied der Hayek-Gesellschaft.
Unterhalb des folgenden Artikels finden Sie jeweils ein kurzes Video-Interview mit Thorsten Polleit, MdB Frank Schäffler und Norbert F. Tofall.




Thorsten Polleit, Michael von Prollius, Frank Schäffler und Norbert F. Tofall

Überwindung der Krise durch gutes Geld

Am Anfang des Beinahe-Kollapses des internationalen Finanzsystems stand eine zu lockere Geld- und Kreditpolitik. Nun soll dieselbe Politik die Krise beheben. Nicht jeden überzeugen die Argumente der Notenbanken. Bahnt sich nicht die nächste gefährliche Blase an? Vor diesem Hintergrund gewinnt eine alte Idee des Nobelpreisträgers Friedrich A. von Hayek neuen Charme: Was wäre, wenn Geld ein privates Gut wäre, das sich im Wettbewerb bewähren müsste wie andere Waren? Ist eine Welt denkbar ohne staatliche Geldmonopole? Die Autoren werben für den privaten Weg zu gutem, werthaltigem Geld, ohne die Schwierigkeiten des Konzepts kleinzureden. Doch der Lohn der Mühe liege auch in einem Zugewinn an Freiheit.

Das 14. Jahrhundert war von Finanzkrisen geprägt und ist als das Zeitalter der Falschmünzerkönige bekanntgeworden. Europäische Herrscher und Könige erhöhten zum Zwecke der Ausweitung ihrer Haushalte die Anzahl der Geldmünzen, indem sie den Edelmetallgehalt pro Münze senkten, ohne dieses auf der Prägung anzuzeigen. Die Geldmenge wurde so ausgeweitet. Schlechteres Geld war die Folge. Gleichzeitig missbrauchten die Herrscher und Könige ihr Geldprägemonopol, ihre Autorität und ihre Macht, um sicherzustellen, dass dieses schlechte Geld als Zahlungsmittel akzeptiert werden musste.

Da Geld jedoch ein Mittel ist, um Güter und Dienstleistungen leichter austauschen zu können, verursacht eine Verschlechterung des Geldes eine Verschlechterung des Austauschs von Gütern und Dienstleistungen. Falschmünzerei senkt den gesellschaftlichen Wohlstand. Sie führt, wenn sie systematisch und über ein staatliches Gewaltmonopol zentral betrieben worden ist, bei ihrer Aufdeckung oder Entdeckung zu einer Lähmung aller wirtschaftlichen Aktivitäten, die auf Arbeitsteilung und den Austausch von Gütern und Dienstleistungen angewiesen sind. Die Wirtschaftssubjekte sind nicht mehr in der Lage festzustellen, ob sie für das schlechte Geld, das sie für die von ihnen angebotenen Güter und Dienstleistungen erhalten, auch jene Güter und Dienstleistungen in der Menge erhalten können, die sie selbst nachfragen. Durch diese Verunsicherung und Orientierungslosigkeit gerät der Strom der Güter und Leistungen ins Stocken. Niemand weiß, welchen Preis er realiter für seine Güter und Dienstleistungen erhält.

Investitionen werden zurückgestellt, Aufträge storniert, weil eine Kalkulation nicht mehr oder nur unter Bedingungen größter Unsicherheit möglich ist. Das heißt, Falschmünzerei zerstört das Preissystem einer Volkswirtschaft, an dem sich die Wirtschaftssubjekte orientieren. Denn Preise werden in Geldeinheiten notiert. Das geschwundene Vertrauen in das Tauschmittel Geld und die Zerstörung des gesellschaftlichen Preissystems durch schlechtes Geld führen zu einem Rückgang der wirtschaftlichen Kooperation, zu einem Rückgang der individuellen Tauschhandlungen, so dass der gesamtgesellschaftliche Wohlstand sinkt. Überwinden lässt sich diese Vertrauenskrise nur durch gutes Geld.

Auch die erste Finanzkrise des 21. Jahrhunderts ist durch schlechtes Geld verursacht worden. Die Methoden der heutigen Falschmünzerei sind jedoch um ein Vielfaches ausgefeilter als im 14. Jahrhundert. Die europäischen Herrscher mussten sich damals mit der Änderung des Edelmetallgehalts ihrer Münzen begnügen, so dass die Geldmenge zumindest gewissen Beschränkungen unterlag. Im heutigen System des staatlichen Papiergeldmonopols kann die Zentralbank das Geld- und Kreditangebot beliebig ausweiten. 1999 betrug die Geldmenge M3 im Euro-Raum 4,4 Billionen Euro. Bis Ende April 2009 wuchs sie um 116 Prozent auf 9,5 Billionen Euro an. Im selben Zeitraum stieg in den Vereinigten Staaten die Geldmenge M2 von 4,4 auf 8,3 Billionen Dollar. Zudem führt das vom Staat an die Geschäftsbanken verliehene Teilreserveprivileg dazu, dass auch Geschäftsbanken Falschmünzerei in Form von Geld- und Kreditschöpfung betreiben dürfen und zum Zwecke der vom Staat gewollten Förderung von Konjunktur und Wachstum auch betreiben sollen. Der Staat verletzt dadurch nicht nur fundamentale Rechtsprinzipien; der Staat hat die Geschäftsbanken durch das Teilreserveprivileg zum Komplizen gemacht.

Ohne eine hundertprozentige Reservepflicht für Geschäftsbanken besteht jedoch ständig die latente Gefahr eines systemgefährdenden Banken-Runs. Schon die Zahlungsunfähigkeit eines relevanten Schuldners kann eine Kettenreaktion auslösen. Die durch Geld- und Kreditschöpfung aufgetürmte Kreditpyramide zerfällt dann wie alle Schneeballsysteme. Mit genau diesem Problem kämpfen wir derzeit, was angesichts einer von der Europäischen Zentralbank vorgegebenen Mindestreservepflicht von lediglich 2 Prozent nicht erstaunlich sein sollte.
Obwohl seit Jahrzehnten sowohl von Vertretern der Österreichischen Schule der Nationalökonomie (Ludwig von Mises, Murray N. Rothbard, Jesús Huerto de Soto, Jörg Guido Hülsmann) als auch von Vertretern des Monetarismus (Milton Friedman und Schüler) die Abschaffung des Teilreserveprivilegs und die Einführung einer hundertprozentigen Reservepflicht für Geschäftsbanken gefordert wird, steht diese Forderung trotz Wirtschafts- und Finanzkrise nicht auf der Agenda der G 20. Viele neue Regulierungen, ausgeweitete Kompetenzen für die Finanzmarktaufsicht und für den Internationalen Währungsfonds und das nicht einlösbare Versprechen "Kein Finanzinstrument ohne Aufsicht und Regulierung" samt vermehrter Bürokratie könnte man sich sparen, hätten die Regierungen den Mut, "sich ehrlich zu machen" und das Teilreservebankensystem abzuschaffen. Die Geschäftsbanken könnten dann nur noch Kredite, die aus Ersparnissen bestehen, verleihen. Kredite, die aus purer Geldschöpfung bestehen, würden verhindert. Letztere sind das Problem.

Investitionen, die durch Kredite finanziert werden, die nicht aus Erspartem bestehen, sondern aus Geldschöpfung, also aus schlechtem Geld, blähen die Wirtschaft künstlich auf, was auch als "Bubble Economy" (Blasen-Wirtschaft) bezeichnet wird. Angeheizt wird diese Entwicklung durch die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken. Ein Zinssatz, der Sparen und Investieren zur Übereinstimmung bringt, den Geldwert stabil hält und die Volkswirtschaft auf einem Gleichgewichtspfad hält, ist der natürliche Zins. Steigt der Geldzins über den natürlichen Zins, übersteigt das Sparen die Investitionen, und die Wirtschaftsaktivität geht auf breiter Front bei einem sinkenden Preisniveau zurück. Liegt der Geldzins, also der Zins für Kredite, unter dem natürlichen Zins, dann übersteigt die Investitionstätigkeit die Spartätigkeit, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt über die Produktionskapazität, und die Volkswirtschaft wird von ihrem Gleichgewichtspfad gedrückt.
Zu niedrige relative Preise für Kredite führen deshalb zu einem falschen Produktionsaufbau, zu Investitionsblasen. Denn die künstlich niedrigen Zinsen führen dazu, dass auch Investitionen rentabel erscheinen, die sich unter dem natürlichen Zins nicht rentieren.

Durch künstlich niedrige Zinsen wird den Entscheidungsträgern in den Unternehmen bei ihren Investitionsentscheidungen das Vorhandensein von Ressourcen vorgespiegelt, die in Wahrheit gar nicht existieren; denn das aus dem Nichts geschöpfte Geld ist ja nicht durch reale Ersparnisse gedeckt. Kurzfristig können durch diese Zinspolitik der Zentralbanken zwar durchaus befristet Arbeitsplätze geschaffen oder erhalten werden. Mittel- und langfristig wird sich jedoch herausstellen, dass die scheinbar rentablen Investitionen aufgrund der real nicht ausreichend vorhandenen Ressourcen unrentabel sind. Die Arbeitslosigkeit wird wegen der vorab unterlassenen Anpassungsmaßnahmen, die aufgrund des künstlich niedrigen Zinses unterblieben sind, in noch größerem Maße ansteigen, das Wirtschaftswachstum noch mehr sinken.

Friedrich August von Hayek, der für seine konjunkturpolitischen Analysen 1974 den Nobelpreis erhalten hat, fasste diese Tragödie in die Worte: "Brot für heute und Hunger für morgen." Hayek, der die Weltfinanzkrise von 1929 vorausgesehen hatte, stellte 1928 außerdem fest, dass die amerikanische Zentralbank Fed während der zwanziger Jahre mit Absicht eine starke Kreditexpansionspolitik zur Förderung des Wirtschaftswachstums durchführte.
Wenn man bedenkt, dass die heutige Finanz- und Wirtschaftskrise ebenfalls durch eine derartige Kreditexpansionspolitik der Fed entstanden ist, dann wundert man sich, dass die Vereinigten Staaten und viele andere G-20-Staaten zur Überwindung der derzeitigen Krise abermals eine derartige Kreditexpansionspolitik betreiben, die über künstlich niedrige Zinsen angefeuert wird. Man will eine Krise, die durch schlechtes Geld erzeugt worden ist, durch noch schlechteres Geld überwinden, obwohl man die Folgen des schlechten Geldes zurzeit überall beobachten kann. Die Auftragseinbrüche und der Rückgang der Investitionen sind die Folge der Zerstörung des weltweiten Preissystems durch schlechtes Geld.

Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel ist deshalb in einem, entscheidenden, Punkt zuzustimmen: Wir haben es mit einer Vertrauenskrise zu tun. Das geschwundene Vertrauen in das Tauschmittel Geld und die Zerstörung des globalen Preissystems durch schlechtes Geld führen zu einem Rückgang der wirtschaftlichen Kooperation, zu einem Rückgang der individuellen Tauschhandlungen, so dass weltweit der gesellschaftliche Wohlstand sinkt. Und es verwundert nicht, dass gerade im Interbankenhandel das größte Misstrauen herrscht. Die Geschäftsbanken wissen, dass man dem durch Geld- und Kreditschöpfung erzeugten schlechten Geld nicht trauen kann und dass das, was die Kollegen anbieten, genauso heiße Luft ist wie die eigenen Kredite. Überwinden lässt sich diese Vertrauenskrise deshalb nur durch gutes Geld.

Aber selbst wenn Regierungen und Zentralbanken das Ziel haben sollten, im derzeitigen Papiergeldsystem und unter den Bedingungen des staatlichen Geldmonopols gutes Geld zu schaffen und die von ihnen maßgeblich beeinflussten Zinsen mit dem natürlichen Zins zur Deckung zu bringen, sind die hierzu notwendigen Aussagen über die Höhe des natürlichen Zinses aus erkenntnistheoretischen Gründen unmöglich und stellen eine gefährliche Anmaßung von Wissen dar. Der natürliche Zins spiegelt die individuellen Präferenzen für individuelles Sparen und Investieren von Millionen und unter den Bedingungen der Globalisierung von Milliarden Menschen. Niemand kann diese Präferenzen kennen, widerspruchsfrei zusammenfassen und daraus ex ante den natürlichen Zins ableiten. Es braucht deshalb eine Geldordnung, in der sich die Zentralbanken jeglicher Zinspolitik enthalten, so dass der natürliche Zins seine die Konjunktur und das Wachstum stabilisierende Wirkung entfalten kann.

Eine derartige Geldordnung ist jedoch nur realisierbar, wenn sowohl den Zentralbanken als auch den Geschäftsbanken die Möglichkeit genommen wird, Geld- und Kreditschöpfung zu betreiben und dadurch gutes Geld zu verschlechtern. In früheren Zeiten wurde das weitgehend durch den Goldstandard gewährleistet. Eine Wiedereinführung eines echten Goldstandards ist jedoch mit enormen Problemen verbunden, politisch nicht durchsetzbar und aus ordnungspolitischen Gründen nicht erstrebenswert, weshalb sich die Überlegungen auf die Zulassung konkurrierender Privatwährungen richten sollten, die Hayek 1977 in seiner Schrift "Entnationalisierung des Geldes" gefordert hat. Im Rahmen dieser Überlegungen ist zu prüfen, ob Gold bei der Überwindung der heutigen Krise und der Ermöglichung von gutem Geld hilfreich sein könnte.

Das Reformkonzept für gutes Geld lautet "Free Banking", die Privatisierung des Geldes. Angestrebt wird die Umwandlung von ankerlosem, ungedecktem Papiergeld, das durch das staatliche Geldmonopol mittels Zwang verbreitet wird und das durch Geld- und Kreditschöpfung ständig manipuliert werden kann, in freies Marktgeld. Freies Marktgeld oder konkurrierende Privatwährungen, wie Hayek dieses Geld nennt, wird von den Wirtschaftssubjekten nur dann nachgefragt, wenn es gutes Geld ist. Niemand hält freiwillig schlechtes Geld, wenn er auf dem Markt gutes Geld bekommen kann. Das Ziel dieses Reformkonzepts ist es deshalb, die vorhandenen monetären und finanziellen Institutionen durch Wettbewerb zur Produktion von gutem Geld zu veranlassen sowie den Zentralbanken und den Geschäftsbanken die Möglichkeit zur Geld- und Kreditschöpfung zu nehmen.

Eine Strategie, um ankerloses Papiergeld in freies Marktgeld umzuwandeln, wurde vorausschauend von Ludwig von Mises (1881-1973) und Murray N. Rothbard (1926-1995) erarbeitet. Rothbard schlug ein zweistufiges Vorgehen vor. Innerhalb der Befürworter des "Free Banking" ist die erste Stufe dieses Verfahrens jedoch umstritten. Nach Rothbard sind in einem ersten Schritt die Verbindlichkeiten der Banken in einem festen Umtauschverhältnis an das Gold anzubinden, das noch in den Kellern der Zentralbanken lagert. Gleichzeitig ist den Geldhaltern das Recht einzuräumen, ihre Bankguthaben jederzeit in eine entsprechende Menge Gold umtauschen zu können. Durch diese Maßnahme werden die offiziellen Währungsnamen (Dollar, Euro, Pfund) Ausdruck für eine entsprechende Goldmenge. Zudem sind die Kreditinstitute jederzeit zahlungsfähig, da ihre Verbindlichkeiten vollständig durch Gold gedeckt und auszahlbar sind. Bankpleiten würden folglich nicht mehr die volkswirtschaftliche Geldmenge vermindern und so zur Deflation führen. Steuerzahler würden nicht in die Pflicht genommen für Verluste aus dem Bankgeschäft. Und vor allem schwindet der Anreiz, die Notenpresse zur Finanzierung der Bankverluste anzuwerfen. In einem zweiten und entscheidenden Schritt könnte das Geldsystem dann privatisiert, also in ein System des "Free Banking" entlassen werden.

Die Marktakteure hätten die freie Wahl des Zahlungsmittels, weshalb dieser Reformvorschlag auch nicht mit der Wiedereinführung eines gesetzlichen Goldstandards verwechselt werden darf, in dem die Wirtschaftssubjekte gezwungen sind, das staatliche, allerdings durch Gold gedeckte Geld zu verwenden. Vermutlich würde sich Gold schnell als allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel herausbilden. Aber es ist auch denkbar, dass andere Güter (Silber, Kupfer, Platin, Weizen, Immobilienanteile) Geldstatus erlangen, ganz einfach dadurch, dass Marktakteure ihre Verträge entsprechend ausgestalten.
Hayek hält es einerseits für sehr wahrscheinlich, dass sich bei freiem Wettbewerb zwischen verschiedenen Geldarten zunächst Goldmünzen als die beliebteste Zahlungsart erweisen. Andererseits werde aber die zunehmende Nachfrage nach Gold zu einem solchen Anstieg des Goldpreises führen, dass Gold aufhörte, sich als Einheit für den Geschäftsverkehr und das Rechnungswesen zu eignen.

In einem Free-Banking-System könnten die Geschäftsbanken wie bisher Einlagen annehmen und Kredite vergeben. Allerdings würden sie die Geldmenge durch ihre Kreditgewährung nicht mehr verändern können, da kein Teilreserveprivileg bestehen würde. Ihre Kreditgewährung wäre fortan ein Transfer von vorhandenem Geld vom Sparer zum Kreditnehmer. Den Geschäftsbanken wäre die Möglichkeit zur Geld- und Kreditschöpfung genommen. Aber auch die Zentralbanken würden die Hoheit über die Geldmenge verlieren und vermutlich durch privatwirtschaftlich organisierte Einlagensicherungsfonds ersetzt. Der Zins würde zu einem freien Marktphänomen und würde folglich nicht mehr der beliebigen Manipulation der Zentralbanken unterliegen. Das "Free Banking" macht das Geld wieder zu einem Phänomen, das im Einklang mit der freien Marktordnung steht: Geld wird - wie jedes andere Gut auch - wieder zum Eigentum der Geldhalter.

Eine solche Rückkehr zu gutem Geld brächte allerdings einen nicht unbedeutenden Verlust des Tauschwertes des derzeitigen schlechten Geldes zum Vorschein. Denn auch das Gold, das sich schon in privaten Händen befindet, erlangte Geldfunktion - möglicherweise zusätzlich auch weitere Edelmetalle. Folglich steigt durch die Umstellung die Geldmenge einmalig an und damit wohl auch die Güterpreise. Doch die offensichtlich werdenden Verluste für die Halter des Papiergeldes und den auf in Papiergeld denominierten Zahlungsversprechen sind nicht der Umstellung anzulasten, weil sie ohnehin schon unwiderruflich entstanden sind. Durch die Umstellung werden diese Verluste lediglich aufgedeckt. Denkbar wäre jedoch eine zeitlich gestreckte Aufdeckung dieser Verluste, wenn der erste Schritt der Umwandlungsstrategie von Rothbard, die Anbindung der Bankverbindlichkeiten an das Zentralbankgold, weggelassen wird und man auf eine Strategie der schrittweisen Umwandlung, eines Herauswachsens aus dem derzeitigen System setzt.

Dieses Vorgehen ist aber mit anderen Nachteilen verbunden. Insbesondere besteht jahrelang die Gefahr, dass das derzeitige Bankensystem vor Erreichen des rettenden Hafens zusammenbricht. Wird nämlich der Weg in die Deflation gewählt - indem die Zentralbanken die Geldmengen nicht weiter ausweiten -, sind Bankenpleiten unausweichlich. Banken könnten ihre Zahlungsverpflichtungen nicht mehr voll bedienen, und die Geldhalter erleiden Verluste. Finanzieren hingegen die Zentralbanken die Verluste der Banken durch neu gedrucktes Geld, wird daraus unweigerlich hohe Inflation erwachsen, die den Geldwert schmälert. Weiten die Regierungen die Staatsverschuldung aus, um den Konjunktureinbruch abzuwehren und die Verluste der Banken zu bezahlen, wird die Rechnung lediglich von der laufenden auf die künftige Generation der Steuerzahler abgewälzt. Spätestens sie werden mit der Schuldenlast konfrontiert sein, deren Begleichung man jetzt mit allen Mitteln ausweichen will.

"Free Banking" verspräche nicht nur besseres Geld als das staatliche und auf Zwang beruhende Papiergeld, sondern es sorgte auch dafür, dass Konjunkturverläufe weniger schwankungsanfällig sind, weil freies Marktgeld Fehlinvestitionen und damit Wirtschaftskrisen entgegenwirkt. Auch der Spielraum für wachstumsschädliche Marktinterventionen, die regelmäßig aus Wirtschafts- und Finanzkrisen erwachsen, würde zurückgedrängt. Und damit würde auch die Bedrohung der Freiheit, die latente Gefahr monetärer Planwirtschaft, entschärft. So gesehen ist freies Marktgeld die beste Versicherung gegen die Unbeherrschbarkeit und Willfährigkeit des staatlichen Papiergeldmonopols. Auf dem freien Markt wird sich gutes Geld durchsetzen. Niemand hält freiwillig schlechtes Geld. Nur durch gutes Geld kann diese Krise überwunden werden.





MdB Frank Schäffler





Norbert F. Tofall




Thorsten Polleit